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Familienheim muss selbst bewohnt werden

Steuerfreiheit im Erbfall nur bei vorheriger Selbstnutzung
Familienheim muss selbst bewohnt werden
Aktuelles
08.04.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

Familienheim muss selbst bewohnt werden

Steuerfreiheit im Erbfall nur bei vorheriger Selbstnutzung

Das Familienheim ist im Erbfall vom Gesetzgeber durch weitreichende Steuerbefreiungen besonders geschützt. Denn es soll vermieden werden, dass Ehepartner oder Kinder wegen der Erbschaftsteuerverpflichtungen zur Veräußerung gezwungen wären. Ob die Steuerbefreiung auch gilt, wenn der Erblasser die entsprechende Wohnung vorher gar nicht bewohnte, hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 19. Dezember 2024 (14 K 14131/22) zu entscheiden. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.

Familienheim mit Zweitwohnung

Der Steuerpflichtige erbte von seiner Mutter eine aus zwei Wohneinheiten bestehende und von ihr selbst bewohnte Eigentumswohnung. Des Weiteren erbte er einen Miteigentumsanteil von 50 Prozent an einer in der Nachbarstraße belegenen Eigentumswohnung. Die von der Mutter bewohnte Wohnung wurde nach ihrem Tod saniert und sollte zu Vermietungszwecken genutzt werden. Insoweit wurde keine Steuerbefreiung beantragt.

Für den Miteigentumsanteil beantragte der Steuerpflichtige die Steuerbefreiung für ein Familienheim. Die Wohnung, ursprünglich vom Großvater erworben, gehörte zur Hälfte der Mutter (Erblasserin) und deren Bruder. Der Steuerpflichtige nutzte die Wohnung bereits vor dem Tod der Mutter. Diese hatte die Wohnung ursprünglich auch selbst nutzen wollen, war daran jedoch aus gesundheitlichen Gründen gehindert. Zu Besuchszwecken wurde die Wohnung jedoch von ihr aufgesucht. Die Familie hatte alle Wohnungen immer als Einheit betrachtet.

Voraussetzungen der Steuerfreiheit

Gemäß Erbschaftsteuerrecht bleibt u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem inländischen bebauten Grundstück mit einer Wohnfläche von höchstens 200 m² durch Kinder steuerfrei, soweit

  • der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat
  • oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war
  • und soweit diese beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist.

Strittig war im vorliegenden Fall, ob die Mutter als Erblasserin vor dem Eintritt ihrer Erkrankung die Wohnung hätte selbst nutzen müssen, um die diesbezügliche Erbschaftsteuerfreiheit für den Sohn zu ermöglichen. Das Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung ab.

Schwere Krankheit als Hinderungsgrund

Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann eine schwere Erkrankung einen zwingenden Hinderungsgrund für eine Selbstnutzung darstellen. Nach dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift könne die Erkrankung eine Selbstnutzung aber nur dann ersetzen, wenn die Erblasserin die Wohnung zumindest bis zum Eintritt des Hinderungsgrundes, also der Krankheit, selbst genutzt habe.

Selbstnutzung muss vorliegen

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamtes. Die mit einem Miteigentumsanteil zum Nachlass gehörende Wohnung stellt nach Auffassung der Richter kein Familienheim im vorgenannten Sinne dar, weil die Wohnung zu keinem Zeitpunkt vor dem Erbfall den Mittelpunkt des familiären Lebens der Erblasserin gebildet hat.

Zwar könnte der bloße Gesetzeswortlaut nach allgemeinem Sprachverständnis auch den Fall einschließen, dass der Erblasser die betreffende Wohnung zu keinem Zeitpunkt zwischen deren Anschaffung und seinem Versterben zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Denn der Wortlaut enthält in der mit „oder” eingeleiteten Alternative keine entsprechende Einschränkung, dass die Hinderung erst nach anfänglicher Selbstnutzung eingetreten sein darf.

Die Finanzrichter halten aber eine den Wortlaut einschränkende Auslegung angesichts der vergleichbaren Regelungen für Ehegatten für notwendig. Hat der Erblasser zu keinem Zeitpunkt selbst in dem vererbten Haus oder der Wohnung gelebt, so kann sich in dem Haus niemals der „Mittelpunkt des familiären Lebens” befunden haben. Dies aber ist nach dem insoweit übereinstimmenden Begriffsverständnis des „Familienheims” erforderlich.

Bei der Aufnahme der zweiten Alternative („…oder…”) in den Befreiungstatbestand hatte der Gesetzgeber den Fall des Umzuges in ein Senioren- oder Pflegeheim aus zwingenden gesundheitlichen Gründen im Auge, um Unbilligkeiten infolge schwerwiegender Hinderungsgründe des Erblassers, die Eigennutzung dort weiter fortzusetzen, zu vermeiden.

Zweitwohnung führt nicht zur Steuerbefreiung

Bei der von der Mutter selbst bewohnten Wohnung und der als Miteigentumsanteil erworbenen Wohnung handelt es sich um baulich voneinander getrennte Immobilien und daher um separate Vermögenswerte. Es ist daher nicht möglich, solche separaten Vermögenswerte aufgrund subjektiver Vorstellungen der Beteiligten „als Einheit” zu behandeln.

Hieran ändert auch der Einwand des Steuerpflichtigen nichts, wonach die Erblasserin diese Wohnung mehrfach aufgesucht und dort auch Besuch empfangen habe. Dies ändert nichts an dem Umstand, dass die Hauptwohnung und der Lebensmittelpunkt der Erblasserin sich in der von ihr genutzten Wohnung befanden, während die jetzt vom Steuerpflichtigen bewohnte Wohnung allenfalls den Charakter einer Zweitwohnung besaß.

Nach der Rechtsprechung des BFH zu Ehegatten ist ein zu eigenen Wohnzwecken genutztes Gebäude, in dem sich nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet, kein steuerbegünstigtes Familienheim, weshalb etwa Zweitwohnungen nicht unter die Begünstigung für Ehegatten fallen. Für den Erbanfall bei Kindern kann nach Ansicht der Finanzrichter nichts anderes gelten.

Hinweis: Es bleibt abzuwarten, ob der Steuerpflichtige Revision einlegen wird und wie dann der Bundesfinanzhof entscheidet.

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