Steuerfreiheit von Heilbehandlungen in Privatkliniken auf dem Prüfstand
Auch wenn Heilbehandlungsleistungen von Ärzten meist umsatzsteuerbefreit sind, gibt es im Einzelfall immer wieder Streit. Denn die umsatzsteuerliche Einordnung ist in vielen Bereichen und gerade bei neuen Therapieformen nicht so ganz einfach. Vor allem auch deshalb, weil das Umsatzsteuerrecht zwischen Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin und Krankenhausbehand- lungen unterscheidet.
Humanmedizinische Heilbehandlungs- leistungen sind umsatzsteuerfrei
Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Physiotherapeuten und Hebammen erbringen in der Regel umsatzsteuerfreie Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG. Begünstigt sind aber auch ähnliche heilberufliche Tätigkeiten. So können beispielsweise Heileurythmisten mit integriertem Versorgungsvertrag ihre Leistungen steuerfrei abrechnen. Auch osteopathische Leistungen können mit entsprechender Zusatzausbildung steuerfrei sein. Diplom-Sportlehrer, Fachkosmetiker, Vitalogisten, Betriebswirte für arbeitstherapeutische Dienstleistungen, Ayurveda-Massage-Therapeuten, Tomatis-Therapeuten oder Tierärzte, die Behandlungen am Menschen durchführen, erbringen hingegen umsatzsteuerpflichtige Leistungen.
Krankenhausbehandlungen sind regelmäßig umsatzsteuerfrei
Auch Krankenhausbehandlungen von zugelassenen Krankenhäusern, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik oder Befunderhebung, Einrichtungen der gesetzlichen Unfallversicherung, Rehabilitationsein- richtungen, Einrichtungen zur Geburtshilfe und Dialyse sowie Hospize sind umsatzsteuerbefreit. Bei der stationären Aufnahme gilt die Umsatzsteuerbefreiung für alle Leistungen einschließlich der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und der Hospizleistungen sowie für damit eng verbundene Umsätze, wie die Zimmerüberlassung und -reinigung, die Verpflegung und Betreuung der Patienten. Selbst die ambulante Versorgung im Krankenhaus ist grundsätzlich umsatzsteuerfrei, sofern es sich um Heilbehandlungsleistungen handelt.
Leistungen von Privatkliniken nicht immer umsatzsteuerfrei
Seit 2020 sind auch Leistungen von Privatkliniken nach deutschem Umsatzsteuerrecht steuerfrei. Allerdings ist die Umsatzsteuerfreiheit an weitere Voraussetzungen geknüpft:
- Die Leistungen müssen den Leistungen der zugelassenen Krankenhäuser entsprechen und
- die Kosten müssen voraussichtlich in mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungs- tage auf Patienten entfallen, bei denen für die Kran- kenhausleistungen kein höheres Entgelt als für allgemeine Krankenhausleistungen nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung berechnet wurde oder voraussichtlich mindestens 40 % der Leistungen den in § 4 Nr. 15b UStG genannten Personen zugutekommen. Dabei ist auf die Verhältnisse im vorangegangenen Kalenderjahr abzustellen.
Finanzrichter uneinig bei ärztlichen Heilbehandlungen im Krankenhaus
Doch es gibt noch immer offene Fragen. So entschied beispielsweise das Finanzgericht Düsseldorf, dass sich eine von einem Arzt betriebene Privatklinik mit der Spezialisierung auf Chirurgie auch bei den unstreitig medizinisch indizierten Heilbehandlungen nicht auf die Steuerbefreiung für Heilbehandlungsleistungen berufen kann, wenn die Klinik überwiegend nicht medizinisch indizierte Schönheitsoperationen ausführt. Die Steuerbefreiung für Krankenhäuser schied aus, da die Klinik die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllte. Eine andere Auffassung vertritt das Finanzgericht Schleswig-Holstein. Es gewährte die Umsatzsteuerbefreiung für therapeutisch-indizierte Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie, die in einer privaten Klinik durch dessen geschäftsführenden Arzt und Alleingesellschafter erbracht wurden. Diese therapeutisch indizierten Operationen können als Krankenhausbehandlungen steuerfrei sein, wenn sie nicht bereits als Heilbehandlungen von Ärzten steuerfrei sind.
Tipp: Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof. Unter dem Aktenzeichen V R 10/22 ist ein Revisionsverfahren anhängig. Wir empfehlen, unter Bezug auf das anhängige Verfahren Einspruch einzulegen, wenn das Finanzamt in vergleichbaren Fällen Heilbehandlungsleistungen eines Arztes als umsatz- steuerpflichtig behandeln will, weil diese in einer Privatklinik erbracht werden.