Neustarthilfe – Was Solo-Selbständige wissen müssen
Das Corona-Virus „feiert“ nun schon seinen „ersten Geburtstag“, doch der Wirtschaft und insbesondere den Soloselbständigen ist überhaupt nicht zum Feiern zumute. Aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie stehen viele Unternehmen und Selbständige seit Wochen und Monaten ohne oder mit nur wenigen Einnahmen da.
Daher gewährt die Bundesregierung verschiedene finanzielle Unterstützungen. So wurde die Corona-Überbrückungshilfe nun schon zum zweiten Mal verlängert und in ihren Zugangsbedingungen vereinfacht. Jedoch werden hierbei nur Fixkosten, d. h. Unternehmenskosten, die auch bei einem geschlossenen Betrieb anfallen und andere ausgewählte Aufwendungen finanziell gestützt.
Für Solo-Selbständige mit wenig oder keinen Fixkosten sind die fixkostenorientierten Überbrückungshilfen nicht hilfreich. Deshalb haben diese Solo-Selbständigen die Möglichkeit, eine sogenannte Neustarthilfe zu beantragen.
Neustarthilfe unterscheidet sich von Überbrückungshilfen
Anders als die Überbrückungshilfe III (November 2020 bis Juni 2021) gewährt die Neustarthilfe eine Unterstützung für die Monate Januar 2021 bis Juni 2021 in Höhe von 50 % des hälftigen Jahresumsatzes 2019, maximal 7.500 Euro. Ein weiterer Unterschied zur Überbrückungshilfe ist die Verwendung der Finanzmittel. So darf die Neustarthilfe auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Und ein dritter Unterschied liegt in der Antragstellung. Den Antrag auf Neustarthilfe können Solo-Selbständige auf dem Portal des BMWi selbst ohne Steuerberater stellen.
Coronahilfen mit eigener Definition des Solo-Selbständigen
Antragsberechtigt sind Selbständige aller Branchen mit gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften, die keine oder weniger als eine Vollzeitäquivalente (VZÄ) beschäftigen. Die Definition Solo-Selbständiger im Sinne der Coronahilfen ist unabhängig von der Gesellschaftsform, in der die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Damit erhalten auch Ein-Mann-GmbH´s und Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter im Unternehmen tätig sind, die Möglichkeit eine Neustarthilfe zu beantragen.
Für die Berechnung der Vollzeitäquivalente ist ein Minijob mit 0,3 VZÄ, eine Halbtagskraft mit einer Arbeitszeit von maximal 20 Wochenstunden mit 0,5 VZÄ und eine Teilzeitbeschäftigung bis 30 Wochenstunden mit 0,75 VZÄ zu berücksichtigen. Werden keine Mitarbeiter beschäftigt, so muss die selbständige Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt werden, d.h. die Einnahmen aus der Tätigkeit betragen mindestens 51 % der gesamten Einkünfte des Solo-Selbständigen.
Auch darf sich der Antragsteller am 31. Dezember 2019 nicht bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und diesen Status danach nicht wieder überwunden haben. Für Kleinst- und Kleinunternehmen bis 10 Millionen Euro Jahresumsatz ist dies anzunehmen, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens durchgeführt wird und im Zeitpunkt der Antragstellung nicht abgeschlossen ist. Wurde die selbständige Tätigkeit erst nach dem 30. April 2020 aufgenommen, besteht keine Antragsberechtigung.
Besonderheiten für Freischaffende im Bereich der darstellenden Künste
Selbständigkeit wird im Rahmen der Neustarthilfe weiter gefasst als im Steuerrecht. So gelten auch kurzfristige Beschäftigungen von bis zu 14 zusammenhängenden Wochen als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, wenn es sich um eine Tätigkeit in den Darstellenden Künsten handelt. Dies gilt auch für eine unständige Beschäftigung von bis zu sieben aufeinanderfolgenden Kalendertagen im Bereich der Darstellenden Künste. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Antragsteller im Januar 2021 Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld bezogen hat.
In den FAQ zur Neustarthilfe ist eine vollständige Liste der berücksichtigungsfähigen Berufe in diesem Zusammenhang veröffentlicht. Diese Regelung ermöglicht Freischaffenden im Bereich der Darstellenden Künste auch antragsberechtigt zu sein, wenn die 51 % (Haupterwerb) alleine mit den unständigen oder kurzfristigen Beschäftigungen erzielt werden.
Vorschuss auf Neustarthilfe richtet sich nach Referenzumsatz
Die Neustarthilfe wird zunächst als Vorschuss in Höhe von 50 % des sogenannten Referenzumsatzes gezahlt. Dieser beträgt 50 % des Jahresumsatzes aus 2019, wenn die selbständige Tätigkeit vor dem 1. Januar 2019 aufgenommen wurde.
Bei einer Tätigkeitsaufnahme im Zeitraum 1. Januar 2019 und 30. April 2020 gibt es drei Alternativen zur Berechnung des Referenzumsatzes
- Erzielter Jahresumsatz 2019 geteilt durch die Anzahl voller Monate der Geschäftstätigkeit in 2019 multipliziert mit 6
- Durchschnitt der Monatsumsätze Januar 2020 und Februar 2020 multipliziert mit 6
- Monatsdurchschnitt des 3. Quartals 2020 multipliziert mit 6
Als Umsatz im Sinne der Neustarthilfe gelten die Nettoeinnahmen (ohne Umsatzsteuer) aus den freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten zuzüglich Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören sozialversicherungspflichtige Bruttolöhne und –gehälter und das Entgelt aus geringfügigen Beschäftigungen, die der Solo-Selbständige selbst vereinnahmt. Dabei zählen vermögenswirksame Leistungen, Abfindungen, Sachbezüge, Tantiemen, Provisionen, Gratifikationen und Versorgungsbezüge zu den „Umsätzen“ im Sinne der Neustarthilfe.
Da es keinen Unterschied macht, ob die Zahlungen steuerpflichtig oder steuerfrei vereinnahmt werden, sind bei den Einnahmen aus nichtselbständigen Tätigkeiten auch steuerfreie Lohnersatzleistungen wie z. B. Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld und Elterngeld und sogar Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erfassen (auch wenn dies nicht dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes entspricht). Zahlungen für nichtselbständige Tätigkeiten sind zu erfassen, soweit es sich um Zahlungen für einen Monat des Vergleichszeitraums handelt.
Nach Ablauf des Förderzeitraumes ist Endabrechnung zu übermitteln
Im Rahmen einer Endabrechnung nach Ablauf des Förderzeitraums wird entschieden, ob und inwieweit der Vorschuss ganz oder teilweise zurückgezahlt werden muss.
Liegen der im Förderzeitraum Januar bis Juni 2021 erzielte Umsatz bzw. die Einnahmen
- bei nicht mehr als 40 % des Referenzumsatzes, ist der Vorschuss nicht zurückzuzahlen
- bei 90 % des Referenzumsatzes oder mehr, ist die Neustarthilfe vollständig zurückzuzahlen
- über 40 % aber unter 90 % des Referenzumsatzes, sind die Vorschusszahlungen anteilig zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung hat in Höhe des Betrages zu erfolgen, um den die Summe aus erzieltem Umsatz und Vorschusszahlung 90 % des Referenzumsatzes überschreitet.
Beispiel:
Jahresumsatz 2019 (netto) |
34.800 € |
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Davon 6/12 bzw. 50 % = Referenzumsatz |
17.400 € |
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Neustarthilfe 50 % von 17.400 € = 8.700 €, max. 7.500 € |
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7.500 € | 7.500 € |
Umsatz im Förderzeitraum 2021 |
6.000 € |
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Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit 2021 |
2.400 € |
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Summe der Einnahmen im Förderzeitraum |
8.400 € |
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Im Förderzeitraum wurden mit 8.400 € = 48 %, also > 40 % des Referenzumsatzes vereinnahmt. Daher muss der Vorschuss „Neustarthilfe“ anteilig zurückgezahlt werden. | |||
Summe aus tatsächlichem Umsatz und Vorschuss |
15.900 € |
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90 % des Referenzumsatzes (90 % von 17.400 €) |
./. 15.660 € |
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Übersteigender Betrag |
240 € |
./. 240 € |
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Verbleibender Betrag der Neustarthilfe |
7.260 € |
Der Vorschuss „Neustarthilfe“ muss in Höhe von 240 Euro zurückgezahlt werden. Im Ergebnis verbleiben dem Solo-Selbständigen Einnahmen in Höhe von 15.660 Euro (8.400 Euro + 7.260 Euro) für den Förderzeitraum. Dies entspricht 90 % des Referenzumsatzes.
Antragstellung bis 31. August 2021 möglich
Ein Antrag auf Neustarthilfe kann bis 31. August 2021 gestellt werden. Beantragen muss der Solo-Selbständige selbst. Für den Antrag wird ein ELSTER-Zertifikat benötigt. Zudem kann der Antrag nur einmal gestellt werden und er ist auch nicht änderbar. Neustarthilfe kann allerdings gar nicht beantragt werden, soweit bereits ein Antrag auf Überbrückungshilfe III gestellt wurde. Diese Ausschlussregelung resultiert aus der zeitlichen Überschneidung der Förderzeiträume beider Programme.
Im Rahmen der Endabrechnung, die bis zum 31. Dezember 2021 auf elektronischem Weg erfolgen muss, soll es aber die Möglichkeit geben, Angaben nachzuholen. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Antragsteller auch Einkünfte im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften und/oder Personengesellschaften erzielen und diese in die Bemessungsgrundlage für die Neustarthilfe einbeziehen möchten. Soweit eine Rückzahlung erfolgen muss, hat dies bis zum 30. Juni 2022 zu erfolgen. Erfolgt keine Endabrechnung, ist der ausgezahlte Vorschuss vollständig zurückzuzahlen.