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Leistungen im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen können umsatzsteuerfrei sein

Leistungen im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen können umsatzsteuerfrei sein
Aktuelles
11.07.2022 — zuletzt aktualisiert: 26.07.2022

Leistungen im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen können umsatzsteuerfrei sein

Betreuungs-­ und Pflegeleistungen für hilfsbedürftige Personen von anerkannten qualifizierten Einrichtungen, mit denen Vereinbarungen nach dem Sozialgesetzbuch bestehen, sind in der Regel umsatzsteuerfrei. Die Steuer­befreiung umfasst alle mit der Betreuung und Pflege eng verbundenen Umsätze. Davon werden auch Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung erfasst. Doch gerade bei Leistungen, die im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen erbracht werden, ist nicht immer klar, ob alle an­gebotenen Leistungen die Voraussetzungen für die Um­satzsteuerbefreiung erfüllen. So musste das Finanzgericht Münster die Leistungen einer Steuerpflichtigen beurtei­len, die eine Seniorenresidenz mit einem Pflegeheim und sieben Wohnungen des betreuten Wohnens betreibt.

Pflegeeinrichtung erbrachte spezifische Betreuungsangebote
Mit den Bewohnern der Seniorenresidenz wurden Be­treuungsverträge abgeschlossen, die verschiedene Leistungen einer (erweiterten) Grundversorgung und Wahlleistungen umfassten. Die Leistungen waren auf die Unterstützung und Betreuung von Senioren ausgerich­tet. Sie zielten darauf ab, altersbedingte Schwierigkeiten zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und den Bewohnern die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Die Leistungen wurden durch das im Pflegeheim eingesetzte Personal erbracht.

Bewohner waren hilfsbedürftig
Bei den Bewohnern handelte es sich überwiegend um hilfsbedürftige Personen. Teils wurde eine Pflegestufe nachgewiesen. Mitunter bestanden erhebliche Einschrän­kungen des Bewegungsapparates (Notwendigkeit von Rollatoren oder Rollstühlen) oder es lagen fortwährende Alkoholabhängigkeiten vor, die laut den Pflegeberichten zu Einschränkungen der Alltagskompetenzen führten. Nur in geringem Umfang (nachweislich weniger als 10 %) wurden die Betreuungsleistungen auch an nicht hilfsbe­dürftige Personen erbracht.

Finanzgericht urteilte zu Gunsten der Pflegeeinrichtung
Das Finanzgericht Münster beurteilte die Leistungen im Zusammenhang mit dem betreuten Wohnen als Leistun­gen der Grundversorgung und der erweiterten Grund­versorgung. Die Finanzrichter bestätigten zwar, dass die bedarfsweise, kurzfristige Übernahme pflegerischer Leistungen, die hauswirtschaftliche Versorgung, das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung und das Wa­schen der Kleidung auch auf die Befriedigung von Grund­ bedürfnissen abzielt. Dennoch sind diese Leistungen durch den Betreuungsvertrag und die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls eng mit der Betreuung und Pflege der Bewohner und damit auch eng mit der Sozial­fürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden. Sie sind dementsprechend anders als andere Leistungsangebote zur Befriedigung dieser Grundbedürfnisse spezifisch auf die Behebung altersspezifischer Einschränkungen gerich­tet und werden hierdurch geprägt.

Hinzu kommt, dass die Leistungen durch das im Pflege­heim eingesetzte und hierfür geschulte Personal sowie insbesondere auch in den Gemeinschaftseinrichtungen und im Rahmen gemeinsamer Angebote für das Pflege­heim und die Bewohner des betreuten Wohnens erbracht wurden. Die einzeln bestimmbaren entgeltlichen Wahl­leistungen der Bewohner zählten daher zu den Leistungen der ambulanten Pflege bzw. zur Altenhilfe im Sinne des § 71 SGB XII.

Steuerfreiheit auch bei privaten Einrichtungen möglich
Die eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürfti­ger Personen verbundenen Leistungen können auch dann umsatzsteuerfrei sein, wenn die Einrichtung nicht nach Sozialrecht anerkannt ist. Voraussetzung ist in diesem Fall, dass die Betreuungs-­ oder Pflegekosten im vorangegan­genen Kalenderjahr in mindestens 25 % der Fälle dieser Einrichtung von den gesetzlichen Trägern der Sozialversi­cherung, der Sozialhilfe oder der Eingliederungshilfe ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind.

25 %-Grenze regelmäßig prüfen
Nicht nach Sozialrecht anerkannte Einrichtungen sollten die Einhaltung der 25 %-Grenze regelmäßig prüfen und dokumentieren, um für eine spätere Betriebsprüfung vor­bereitet zu sein. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Leistungen nachweislich von entsprechend ge­schultem Personal erbracht werden, um dem Prüfer mög­lichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

Tipp: Sofern eine Einrichtung für betreutes Wohnen die 25 %-Grenze für sich betrachtet nicht erfüllt, sollte geprüft werden, ob diese Grenze im Zusammenspiel mit einem anderen Betrieb eingehalten wird, bei­spielsweise mit einem Pflegeheim. Denn sofern es sich bei den Leistungen für betreutes Wohnen um eng verbundene Umsätze handelt, könnte die Grenze durch die Konsolidierung mit einem Pflegeheim ggf. eingehalten werden.

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