ApoAktuell: Impfungen aus umsatzsteuerlicher Sicht – Was Apotheker beachten müssen
Apotheker erbringen mit der Abgabe von Arzneimitteln, unabhängig davon ob es sich um verschreibungspflichtige Medikamente oder OTC-Produkte handelt, als Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne grundsätzlich umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Apotheker erbringen aber auch Leistungen, die dem Grunde nach Heilbehandlungsleistungen sind und damit umsatzsteuerfrei sein könnten.So haben Apotheken seit dem 1. März 2020 die Möglichkeit, an Grippeschutzimpfungen im Rahmen des Modellvorhabens nach § 132j SGB V teilzunehmen.
Ziel ist dabei die Verbesserung der Impfquote. Zudem können Apotheken bereits seit 2017 in Absprache mit dem behandelnden Arzt Substitutionsmittel nach § 5 Abs. 10 S. 2 Nr. 2 der BtMVV an Patienten zum unmittelbaren Verbrauch (sog. Sichtvergaben) abgeben. Dabei geht es vorwiegend um die Versorgung von Suchtpatienten mit Methadon, Buprenorphin und anderen Substitutionsmitteln.
Umsatzbesteuerung von Apotheken: Ein schmaler Grat
Für Apotheker und Apothekerinnen war bislang jedoch unklar, wie diese Leistungen umsatzsteuerlich zu behandeln sind. Denn wenn ein Arzt seine Patienten impft, dann liegt unstreitig eine Heilbehandlungsleistung vor. Bei den Leistungen von Apotheken ist es aber etwas komplexer. Denn hier kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an. So kann beispielsweise eine Krankenhausapotheke durchaus auch in die Heilbehandlungsleistung des Krankenhauses involviert sein und die Leistungen daher umsatzsteuerfrei abrechnen (beispielsweise bei der Herstellung von Arzneimitteln, individuell für den einzelnen Patienten zur Behandlung im eigenen Krankenhaus – Stichwort: Zytostatika). Wird die gleiche Leistung aber an ein anderes behandelndes Krankenhaus erbracht, ist die Leistung in der Regel umsatzsteuerpflichtig.
Und im Grunde verhält es sich mit den meisten Leistungen der Apotheken ähnlich – sie sind umsatzsteuerpflichtig, so dass dem Apotheker auch der Vorsteuerabzug ermöglicht wird. In der Praxis besteht die Herausforderung also meist darin,
das vielschichtige Leistungsspektrum von Apothekern und Apotheker-innen umsatzsteuerlich richtig einzuordnen.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Doch jetzt gibt es für die Sichtabgaben und Grippeschutzimpfungen Klarheit, denn das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das regelmäßig auf die neuere Rechtsprechung reagiert, hat ein Anwendungsschreiben veröffentlicht.
Mit Schreiben vom 12. März 2021 hat das BMF bestätigt, dass sowohl die Sichtvergabe von Substitutionsmitteln nach § 5 Abs. 10 Satz 2 Nr. 2 der BtMVV an Patienten zum unmittelbaren Verbrauch umsatzsteuerbefreit ist und auch Grippeschutzimpfungen im Rahmen des Modellvorhabens nach § 132j SGB V umsatzsteuerfrei abgerechnet werden können.
Der Wehrmutstropfen dabei: Aufgrund der Steuerfreiheit ist der Vorsteuerabzug dadurch natürlich insoweit ausgeschlossen.
Handlungsempfehlung
Für Apotheker ergeben sich nun verschiedene Szenarien, je nachdem, wie sie ihre Leistungen bisher abgerechnet haben. Sofern diese Leistungen bisher schon steuerfrei abgerechnet wurde, ist im Grunde nichts zu veranlassen. Sie können ihre Abrechnungspraxis unverändert beibehalten.
Um sich aufgrund der bisher unklaren Rechtslage nicht schlechter zu stellen, haben aber vermutlich viele Apotheker ihre Leistungen mit Umsatzsteuer abgerechnet und auch den Vorsteuerabzug geltend gemacht. Daher hat das BMF in seinem Schreiben auch eine – zugegebenermaßen recht knapp bemessene – Übergangsfrist vorgesehen, die es Apotheken ermöglicht, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Denn das BMF beanstandet es nicht, wenn die genannten Leistungen letztmals bis Ende März 2021 mit Umsatzsteuer abgerechnet werden.
Sofern Apotheker und Apothekerinnen derzeit entsprechende Leistungen erbringen, sollten sie unverzüglich prüfen, wie sie diese Leistungen derzeit abrechen. Bei bisher steuerpflichtiger Abrechnung müssen sie auf umsatzsteuerfreie Abrechnung umstellen. In jedem Fall sollten Apotheken vermeiden, solche Leistungen auch nach dem 1. April 2021 noch mit Umsatzsteuer abzurechnen, da sie gegenüber dem Finanzamt die ausgewiesene Umsatzsteuer dann auch schulden, obwohl die Leistung eigentlich umsatzsteuerfrei wäre. Die neue Steuerfreistellung kann im Übrigen auch zu Vorsteuerkorrekturen, einer geänderten Vorsteueraufteilung oder im Extremfall sogar zu einer Vorsteuerberichtigung führen. Ob es sinnvoll ist,
die Vergangenheit aufzurollen und die bereits gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzufordern, bleibt dem Einzelfall überlassen.
Sprechen Sie am besten Ihren Steuerberater an. Er wird mit Ihnen die erforderlichen Maßnahmen besprechen.
Gerne stehen wir Ihnen für weitere Informationen zur Verfügung.