Bundesrat gibt grünes Licht für GKV-Finanzstabilisierungsgesetz
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) rechnen 2023 mit einem Defizit in Höhe von 17 Milliarden Euro. Mit dem am 28. Oktober vom Bundesrat beschlossenen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll die Deckungslücke geschlossen werden.
Zusatzbeitragssatz wird um 0,3 Prozentpunkte erhöht
Gesetzlich Versicherte und deren Arbeitgeber müssen tiefer in die Tasche greifen. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag zur GKV steigt um 0,3 Prozentpunkte von 1,3 % des Bruttogehalts auf 1,6 % des Bruttogehalts. Die Höhe des Zusatzbeitrages wird von jeder Kasse selbst festgelegt. In 2022 liegt er zwischen 0,4 % und 1,7 %. Die meisten Krankenkassen werden erst im Dezember über die Höhe ihres kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes entscheiden. Der Zusatzbeitrag ist einkommensabhängig und wird – wie auch die Beiträge zur GKV – jeweils zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entrichtet. Der gesetzlich festgeschriebene Beitragssatz zur GKV von 14,6 % soll auch 2023 unverändert bleiben.
Höhere Ausgaben für Apotheken
Um Preissteigerungen zu vermeiden und die Ausgaben für Arzneimittel zu stabilisieren wird das Preismoratorium bei Arzneimitteln bis Ende 2026 verlängert. Zudem wird der Abschlag, den Apotheken für jede Arzneimittelpackung an die Krankenkassen zahlen müssen, für den Zeitraum von zwei Jahren von 1,77 Euro auf 2 Euro in 2023 und 2024 erhöht werden. Netto bedeutet dies eine Anhebung von 0,19 Euro je GKV-RX-Packung. Die individuelle Belastung lässt sich damit durch Multiplikation der abgegebenen Packungszahl mit der Netto-Abschlagserhöhung von 0,19 Euro ermitteln. Diese Maßnahme wird laut ABDA-Berechnungen die 18.000 Apotheken mit rund 120 Mio. Euro pro Jahr belasten. Eine Durchschnittsapotheke verliert dadurch ca. 6.500 Euro an Gewinn vor Steuern. Auch die Pharmaindustrie wird zur Kasse gebeten. Der Herstellerabschlag für Fertigarzneimittel, insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel wird für das Jahr 2023 um 5 Prozentpunkte auf 12 % angehoben.
Stufenmodell ersetzt Neupatientenpauschale
Die extrabudgetäre Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber sogenannten Neupatienten wird doch nicht wieder abgeschafft. Der Gesetzgeber hat nachgebessert. Statt Streichung gibt es nun ein Stufenmodell für die schnelle Behandlung nach Terminvermittlung. Dabei sollen die extrabudgetären Zuschläge erweitert werden, wenn die Praxen Patienten annehmen, die durch die Terminservicestelle (TSS) oder durch die Vermittlung von einer Hausarzt- zu einer Facharztpraxis gelangen. Die Zuschläge sind nur einmal im Behandlungsfall abrechenbar.
- Stufe 1: Gibt es im Akutfall nach der Kontaktvermittlung am nächsten Kalendertag einen Facharzttermin, beträgt der Zuschlag für den Facharzt bis zu 200 % der jeweiligen Versicherten- und Grundpauschale. Hausärzte bekommen künftig 15 Euro statt bislang 10 Euro, wenn sie einen Termin zu einem Facharzt vermitteln.
- Stufe 2: Zuschlag von bis zu 100 % bei Behandlungsbeginn spätestens am vierten Tag nach der Terminvermittlung durch die TSS oder den Hausarzt,
- Stufe 3: Zuschlag von bis zu 80 % bei Behandlungsbeginn spätestens am 14. Tag nach der Terminvermittlung Stufe 4: Zuschlag von bis zu 40 % bei Behandlungsbeginn spätestens am 35. Tag nach der Terminvermittlung
Hinweis: Die Höhe der Pauschalen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen muss der Bewertungsausschuss noch bestimmen.
Honorarzuwachs für Zahnärzte wird begrenzt
Bei den Punktewerten für die zahnärztliche Versorgung hat der Gesetzgeber nicht noch einmal nachgebessert. Die Punktewerte und die Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz dürfen in 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte geminderte Grundlohnrate und in 2024 maximal um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte durchschnittliche Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einkommen steigen.
Änderungen im Krankenhausbereich
Im Krankenhausbereich gibt es Einsparungen beim sogenannten Pflegebudget. Dieses beinhaltet die Kosten des Pflegedienstes auf der Normalstation, der Intensivstation, der Dialyseabteilung und einer etwaigen bettenführenden Aufnahmestation, kurz: der Pflege am Bett. Ab 2024 dürfen nur noch die Kosten für qualifizierte Pflegekräfte, die unmittelbar in der Patientenversorgung auf bettenführenden Abteilungen eingesetzt werden, berücksichtigt werden.
Hinweis: Das Gesetz wurde am 11. November 2022 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist am 12. November 2022 in Kraft getreten. Einzelne Regelungen gelten rückwirkend bereits ab 1. Januar 2022 oder treten erst am 1. Januar 2023 in Kraft.